Konzertkritik 2012
Sommernachtskonzert
Der Gesangverein Olten, der Oratorienchor Cantica Nova Worb und das Huttwiler Kammerorchester brillierten in der Friedenskirche mit Klängen von Mendelssohn
VERA FREI
Bereits zum zehnten Mal luden der Gesangverein Olten zusammen mit dem Oratorienchor Cantica Nova Worb und dem Huttwiler Kammerorchester am Sonntagabend zum Sommernachtskonzert in die Friedenskirche Olten. Doch nicht nur das 10-Jahr-Jubiläum der Zusammenarbeit der beiden Chöre und des Orchesters unter der Gesamtleitung von Christoph Moser, sondern auch das 200-jährige Bestehen des Gesangvereins machten dieses Konzert sowohl für die fast 130 Sängerinnen und Sänger wie auch für die zahlreich erschienenen Zuhörerinnen und Zuhörer zu einem besonderen Ereignis.
Anspruchsvolles Werk
Mit dem 1846 uraufgeführten Oratorium «Elias» von Felix Mendelssohn-Bartholdy hat sich der Chor für diese Gelegenheit denn auch ein sehr umfangreiches und anspruchsvolles Werk vorgenommen. Bei seinem ersten grossen Oratorium «Paulus» orientierte sich Mendelssohn noch stark am Beispiel Händels. Ein Erzähler führte durch die Handlung, und der Chor hatte höchstens kommentierenden Charakter, führte aber selbst die Handlung nicht voran. Anders beim zehn Jahre später
fertiggestellten «Elias»: Die Figuren selbst, die von fünf Gesangssolisten dargestellt werden, führen «lebendig redend» und handelnd» durch das Werk, wie es Mendelssohn selbst in einem Brief an den Theologen und Librettisten Julius Schubring ausdrückte. Dem Chor hat der Komponist in diesem Werk besondere Liebe und Aufmerksamkeit geschenkt: In ausgedehnten Passagen nimmt er selbst am Geschehen teil und tritt sogar – was sehr ungewöhnlich ist – rezitativisch in Erscheinung. Schon zu Beginn des Werks beim ersten vollen Klang des Chores machte dieser klar, dass die notwendige Konzentration und Präsenz sowie auch die volle Aufmerksamkeit des Dirigenten vorhanden sind, um das Konzert zu einem Erfolg werden zu lassen.
Das Können der Solisten
Dazu beigetragen haben neben der tollen Chorleistung die neun Gesangssolisten, vor allem die vier Hauptsolisten: Als Elias überzeugte der Bass-Bariton Roger Bucher, bei gut verständlichen und fein artikulierten Rezitativen und gefühlvollen und zuweilen dramatischen Arien vermochte seine weiche, gut ausbalancierte
Stimme durchwegs zu überzeugen. Die gute Verständlichkeit war auch eine der grossen Stärken der Mezzosopranistin Claude Eichenberger, die in diesem Fall die Alt-Passagen der Königin und eines Engels übernahm und dabei das Publikum vor allem mit der wunderschön ausphrasierten Arie «Sei stille dem Herrn und warte auf ihn» verzückte. Auch Sopranistin Andrea Suter und Tenor Andries Cloete sowie der dreizehnjährige Constantin Zimmermann trugen mit ihren angenehmen,
weichen Stimmen zum Gelingen des Konzerts bei. Höhepunkte im ersten, dramatischeren Teil des Oratoriums war zum ersten der grosse Choreinsatz «Baal, erhöre uns» sowie das Doppelquartett, bei dem Claudia Küpfert (Sopran), Corinne Saner (Alt), Peter Bader (Tenor) und Heinz Dennler (Bass) das Solistenensemble komplettierten.
Besonders berührend im zweiten, nachdenklicheren und ruhigeren Teil das berühmte A-cappella-Frauenterzett «Hebe deine Augen auf», bei dem die drei Frauenstimmen in absoluter Perfektion harmonierten. Bewegend auch der Schlusschor, bei dem der Chor trotz der Länge des Werks von zweieinhalb Stunden immer noch wach und präsent auftrat. Als professioneller, eigenständiger Klangkörper präsentierte sich das Huttwiler Kammerorchester unter der Führung von Konzertmeister Martin Kunz und komplettierte so die Topleistung aller beteiligter Musikerinnen und Musiker. «Die letzte Note des Elijah ging unter in einem Unisono von nicht enden wollenden Applaussalven von tosendem Lärm. Es war, als hätte der lang gestaute Enthusiasmus sich endlich Bahn gebrochen und die Luft mit wilden Schreien der Begeisterung erfüllt. » So schrieb der Rezensent nach der Uraufführung des Werks 1846. So war es 166 Jahre später in der Friedenskirche, wo die grandiosen Leistungen mit tosendem Applaus und Ovationen im Stehen des gesamten Publikums honoriert wurden