Wie jedes Jahr Mitte Juni lud der Oratorienchor Olten letzten Sonntag zu einem seiner traditionsreichen Sommernachtskonzerte in die Friedenskirche. Zusammen mit dem Partnerchor aus Worb, einem überaus versierten Solistenquintett und der hervorragend aufspielenden Camerata 49 kam das begeisterte Publikum in den Genuss dreier hochstehender Werke aus Klassik und Barock.
Unter der bewährten Stabführung von Christoph Moser erklang zu Beginn die «Missa in angustiis» von Joseph Haydn (1732 bis 1809), besser bekannt unter dem Namen «Nelsonmesse».
Anlässlich des Besuches des britischen Admirals im Jahre 1800 am Esterhazy’schen Schloss ist diese grosse Messe gespielt worden, woselbst ja Haydn als Hofkomponist lange Jahre gewirkt hat. Es wurde aber auch behauptet, dass Haydn dieses Werk aus lauter Begeisterung über den Sieg von Nelsons Flotte über die mit Oesterreich verfeindeten Franzosen in der Seeschlacht von Abukir geschrieben habe. Wie dem auch sei, alle Ausführenden wurden diesem grossartigen Werk absolut gerecht. Beeindruckende Fanfarenklänge, eindringliche Chor- und Orgelsätze – und vor allem die wunderbar eingespielten Solisten brachten das Thema der Messe, die mit den Kriegswirren verbundenen Aengste («in angustiis») hervorragend zum Ausdruck. Apropos Solopartien: diese übernahm ein hochspannendes Quartett, welches in dieser Zusammensetzung erstmalig in Olten aufgetreten ist. Die Zürcherin Patricia Zanella bezauberte nicht nur mit ihrem warmen und strahlenden Koloratursopran, sondern auch mit ihrem jugendlichen Charme und einer ausserordentlichen Präsenz. Leichtigkeit – gepaart mit souverän-stilsicherer Stimmführung – das ergab eine selten zu erlebende Mischung! Sie war schon in verschiedenen Opern und Operetten, Konzerten und Liederabenden zu hören und unterrichtet am Konservatorium Zürich.
Auch die Altistin Olga Romanenko wusste zu bezaubern, mit ihrer samtigen Stimme und grossen Sicherheit in allen Lagen. Sie stammt aus der Ukraine und lebt seit 2022 in der Schweiz, wo sie in der Cantica Nova Worb ihre neue Chorheimat gefunden hat. Als ausgebildete Sängerin mit internationaler Konzert-Erfahrung fiel sie natürlich schnell auf – und entsprechend war man in Worb stolz, mit ihr dieses Jahr erstmals eine versierte Solistin aus den eigenen Reihen präsentieren zu dürfen! Fürwahr – eine ausgezeichnete Wahl.
Tenor Benjamin Berweger hingegen braucht in Olten nicht mehr besonders vorgestellt werden, begeisterte er doch schon am letzten Sommernachtskonzert, dem Brahms-Requiem, mit seiner schönen und ausdrucksvollen Stimme und seiner herausragenden, stets ungekünstelten Präzision. Seine vielen Opernengagements und seine rege Konzerttätigkeit haben ihm internationale Bekanntheit gebracht.
Den Basspart übernahm mit Tobias Wicky ein gefragter Konzertsänger, der schon mit Orchestern aus ganz Europa zusammengearbeitet hat. In der Friedenskirche überzeugte der Basler mit seiner beweglichen Stimme, manchmal sehr sanft, dann wieder von grosser Bestimmtheit. Sein Ausdruck, wie auch derjenige seiner drei Mitsolisten, wurden der Haydn-Messe, - wie später auch der Bach-Kantate, mehr als gerecht. Überhaupt zeigten sich die Solistinnen und Solisten auf der Höhe ihres Könnens und bildeten zusammen mit Orchester und dem stets dynamischen, herrlich tönenden Chor eine Einheit, welche das Publikum sichtbar mitriss.
An der Continuo-Orgel begleitete die Nelsonmesse mit der bekannten bernischen Organistin Annette Unternährer-Gfeller eine grosse Künstlerin ihres Fachs. Das von ihrem Vater gebaute und extra nach Olten gebrachte Instrument – Orgelbau Gfeller aus Langnau i. E. ist ein wohlklingender Name in der Branche - wurde im Mittelteil des abwechslungsreichen Konzertes zum heimlichen Star. Im berühmten Orgelkonzert Nr. 4 F-Dur von Georg Friedrich Händel (1685-1759) erfüllten die facettenreichen Orgelklänge die Kirche bis in den hintersten Winkel und sorgten mit den durch die farbigen Fenster einfallenden Sonnenstrahlen für ein musikalisch-optisches Gesamtkunstwerk ersten Ranges.
Das Publikum bedankte sich bei der virtuos aufspielenden Künstlerin und dem Orchester mit einem herzlich-warmen Zwischenapplaus. Im dritten Teil stand dann wieder der Chorgesang im Zentrum, nämlich mit der Bach-Kantate 137 «Lobe den Herrn», welche insbesondere Dank des grossartigen Schlusschorales grosse Bekanntheit erlangt hat. Johann Sebastian Bach (1685-1750) hat dieses Werk im Jahre 1725 erschaffen – zwei Jahre nach seinem Amtsantritt als Thomaskantor zu Leipzig. Beeindruckend, wie sich hier das Solistenquartett mit seinen jeweiligen Arien in Szene setzen konnte. Und dies in stets wechselnder Begleitung, - speziell zu erwähnen ist das hervorragende «Solo» von Konzertmeister Andreas Kunz bei den Sopran- und Bass-Soli in der 3. Aria. Seine Camerata 49 begleitete auch in diesem Sommernachtskonzert die Singenden und das Orgelspiel. Das professionelle Kammerorchester erfreut sich grosser überregionaler Beliebtheit, sowohl als Kammerformation – wie auch hier in seiner erweiterten, sinfonischen Form.
Wie bereits erwähnt oblag die Gesamtleitung – wie stets seit nunmehr 22 Jahren – Dirigent und Musiklehrer Christoph Moser, dem es offensichtlich mit Leichtigkeit gelungen ist, seine Chöre zu motivieren und mit Orchester und Solistinnen zu einer wohlklingenden Einheit zu verschmelzen. Zum Schluss des Konzertes, gewissermassen als Zugabe, motivierte er sogar noch das gutgelaunte Publikum während dessen sehr spontanen Standing Ovation, nochmal den wohlbekannten Schlusschoral dieser Kantate «Lobe den Herren, was in mir ist, lobe den Namen!» anzustimmen. Zusammen mit dem nochmal alles gebenden Chor und der glänzenden Camerata 49 ergab dies ein spezieller und sehr gefreuter Schlusspunkt, der die wunderbare Friedenskirche-Akustik nochmal so richtig in Szene setzte.
Nach dem Konzert wurde auch diesmal wieder Gelegenheit geboten, anlässlich des offerierten Apéros auf der stimmungsvollen Terrasse vor der Friedenskirche mit sämtlichen Aufführenden in Kontakt zu treten. Rundum waren nur dankbare und zufriedene Gesichter zu sehen. Auch Stadtpräsident Thomas Marbet hat das Konzert sehr gut gefallen; er äusserte grosses Lob an die Ausführenden und meinte, dass die Camerata’49 wirklich überzeugend und der Chor beeindruckend gewesen sei. «Es ist bemerkenswert, was der Verein Jahr für Jahr auf die Beine stellt. Grosses Kompliment und gerne wieder. Die Friedenskirche eignet sich hervorragend für Konzerte.»
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